Deutsch-Gießhübel

Von der 700 m Höhe bei Windig-Jenikau läuft ein Hügelrücken südwärts zum Tale des Igelflusses. Rechts geleitet ihn der Jesebach, links das Weißensteiner Bächlein. Steil bricht er zur großen Igla ab. Von der Anhöhe (539 m)schaut Deutsch-Gießhübel weit übers Land. Ein Spähhübel ist's, ein ,,Luginsland". ,,Kiusan" heißt im Althochdeutschen ,,schauen, beobachten". Vom Stamm dieses Wortes ,, kius" wird ,, Güßhübl" seinen Namen führen, ein Hübel von dem man Ausschau halten und beobachten kann. Auch der slawische Name für das Dorf ,,Vyskytna" läßt die gleiche Erklärung zu, denn vyskytnouti bedeutet ,,zeigen, blicken lassen, erscheinen lassen". Unser Gießhübel ist danach' ein uralter Spähberg, ein alter ,,Auslug". Der Name ist in folgenden Sdireibformen überliefert:
im 14. Jahrhundert: Gishowel, Gysobil, Gussubel, Wiskythna thewtunicalis"
im 15. Jahrhundert: Gushübel, Wyskydna niemeczka;
im 16. Jahrhundert: Gießhiebl, gyssibl, Niemeczky Wyskytna;
im 17. Jahrhundert: Gießhiebl, Gießibel, Gießhübl, Gießhuebl, Güßhübel, Gissibl, Deutsch Giessibl, Teutsch Gießhübl Deütsch Giessibil;

seit dem 18. Jahrhundert: Güßhübl, Deutsch Gieshübel und Deutsch Gießhübel.

Die erste bis jetzt bekannte urkundliche Erwähnung von Gießhübei geschieht im Jahre 1303. In der Simmersdorfer Ansiedlungsurkunde vom 5. Jänner 1303 erscheint vor den Zeugen aus Kalhau, Opatau und Dudin der Richter Chunradus von Gishowels. Gießhübel war damals im Grundherrschaftsbereiche des Klosters Seelau. Im Jahre 1359 erscheint Heuslinus im Besitze des Gießhübler Erbgerichtes (Heuslinus judex in Wyskytna). Eine Seelauer Urkunde (vom 22. April 1359) bezeugt, daß er mit dem Gerichte einen Doppellahn in Gießhubel besaß, also ein Doppelbauer war, ferner die Schankgerechtigkeit hatte und ihm der dritte Denar, also ein Drittel der Gerichtsgelder,zustand.

Im Jahre 1398 kaufte Kunsso, der frühere Richter von Rothneustift Sbilidi Zbylity), das Erbgericht um 70 Schock Groschen. Gießhübel hatte an Seeelau einen Jahreszins zu entrichten, der 1383 an Juden verpfändet erscheint. Im folgenden Jahre hatte Dyepold, Pfarrer von Iglau, als er vom Banne gelöst wurde, die Privilegien über 10 Schock Jahreszins von ,,Wiskythna thewtunicalis" an das Kloster auszuliefern. Das Kloster hatte auch einen Hof von vier Lahnen (,,Mairhof cum IV laneis") in Gießhübel.

Diesen übergab 1467 zu ,,Purgkrecht" an Wenzel Johann, Wenzel Haunolt und Michael Albl ( Venceslaus dictus Johann, Venceslaus dictus Havnolt, Michael dictus Albl ).Diese hatten einen jährlichen Erbzins von 18 Groschen zu Georgi und Galli zu entrichten. Außerdem mußten sie zu Weihnachten von jedem Lahn eine Abgabe berna) von 16 Groschen leisten und den Zehent von dem Getreide Hafer, Gerste) in den Gießhübler Speicher abführen.

In der Hussitenzeit mußten die Seelauer Klosterbrüder nach Iglau, wo Ihnen die Plarre gehörte, fliehen. Sie kehrten wohl wieder zurück, büßten aber immer mehr von ihrem Besitze ein. Das Adelsgeschlecht der Trczka von Lipa borgte dem bedrängten Stifte Geldsummen und erwarb seine Grundrechte. Über hundert Jahre besaßen die reichbegüterten Trczka die ehemaligen Kirschengüter, so auch Gießhübel, das mehrmals (so 1437,1458,1493) in der böhmischen Landtafel unter den Trczkaschen Dörfern genannt wird. Im Jahre 1596 kaufte die Stadt Iglau das ganze Landgebiet von Stecken bis zur großen Igla .So kam Gießhübel zu den Iglauer Landgütern. Es wurde damals als Markt bezeichnet. Die Überlieferung erzählt auch, daß das Steckner ,,Marktmännl", eine kleine Rolandsäule, einstens in Gießhübel gestanden sei.

Als die Stadt im Dreißigjährigen Kriege den Hauptteil ihres großen böhmischen Gutsbesitzes mit Schrittenz verlor, blieb ihr Gießhübel mit seiner Umgebung weiter, das ,,Gütl"' ein Name, der noch heute hier am Lande haftet. Erst durch den Bauernbefreier Hans Kudlich im Jahre 1848 wurde die Untertänigkeit aufgelöst.

Aus alten Rechnungen ergibt sich verschiedenes über die Abgaben: 1554 waren nach einem Trczkaschen Urbar folgende Besitzer: Andres, Blazik EgI, Wentz Meppl. Wondra Forman, der Richter Niklas (Mikulaß) hatte zwei Lahne und den Schank' Lorenz, Gira Vlych' Plott (3 dworu), Krzistan Pollir, Urban, Krzistan Pollir, Linhart Pirmatl, Ssimek Noz, Gira, Toman friczu, Partl, Ssteffl ffricz, Wentzl Hob, Anton, Toman Plutt, Wentzl Staneczky' Anderle (5 dworu), Lorentz. Der Zins zu Georgi machte 4 Schock 28 Groschen, zu Galli ebensoviel, das Weihnachtsgeid 4 Schock 2 Groschen aus. Ferner waren 8 Hübner, 171/2 M. 1 V. Korn, 131/2 M. 1 V. Hafer zu liefern. Im Jahre 1630 machte der Georgi- und Michaelizins je 10 Schock 8 Groschen aus, das Grasgeld 21 Schock 37 Groschen, so daß die Gesamtleistung des Dorfes 41 Schock 53 Groschen war. Von 29 Untertanen waren damals nur 23. Es war die Zeit des bösen Dreißigjährigen Krieges. Im Jahre 1650 war der Georgi- und Gallihauszins je 7 Schock, es waren jetzt weniger bewirtschaftete Anwesen. An Grasgeld wurden 13 Schock 32 Groschen, an ,,Weihnachts- oder Tanzgeld" 7 Schock 42 Groschen und vom Richter als Kruggeld 5 Schock 50 Groschen eingehoben. Das Zehentgeld ,,ist dies Jahr nachgesehen worden". Wie die anderen untertänigen Dörfer war auch Gießhübel zur Abnahme von Bier aus dem obrigkeitlichen Bräuhause verpflichtet. 1660 hatten die Gießhübler mindestens alle drei Wochen ein Faß Bier auszutrinken.

Um die Mitte des 18. Jahrhunderts waren die Geld- und Naturalabgabeii von Gießhübel die folgenden: an Hauszins 18 fl. 48 kr.' an Gespunstzins 54 kr., an Zehent 1 fl. 45 kr. und acht Hühner. Die Robotverpflichtung weist aus:fünf Bauern hatten viermal in der Woche vierspännige Zugrobot zu was im Jahre 1040 Tage ausmacht, zehn Bauern hatten viermal in der dreispännige Züge beizustehen, was jährlich 2080 Tage bedeutet, sieben Bauern hatten viermal in jeder Woche zweispännige Robot zu tun, was im Jahre 1456 Tagen gleichkommt und drei Bauern hatten wöchentlich dreimal einspännige Zugrobot zur Pflicht. Die Anzahl der Taglöhner betrug drei, sie hatten wöchentlich zwei Tage zu roboten. Bei Verrichtung der Robot in Schnittzeit erhielt jeder Robotende 1/4 Pfund Fleisch nebst Zugemüse (z. Graupen), ferner ,,ein Laibl Brot" und 11/2 Seitel Bier.

Verschiedene Verpflichtungen waren durch einen Vertrag im Jahre 1726 geregelt worden. Im Jahre 1754 zahlten Robotgeld: Martin Pauly 5 il., Lorentz Pauly 5 fl. Johann Pauly 2 fl. 30 kr.' Georg Hoffer 2 fl. 30 kr.' Lorentz Huckault ~ 30 kr.' Augustin Rosenkrantz 2 fl. 30 kr.' Johann Heschky 5 fI.' Mat' schwortz 3 fl.' Lorentz Sigl 9 fl. und Lorentz schwortz 6 fl.

Wieder hundert Jahre später: Nach dem Grundentlastungspatente vom 7.September 1848, welches auf den Antrag Hans Kudlichs zurückgeht, wurden für Gießhübel errechnet: bei 29 Untertanen 624 einspännige, 1712 zweispännige und 623 dreispännige Zugrobotttage im Jahre und 767 Handrobottage. Robotschuldigkeit war nach dem Raabschen System auf 436 fl. 16 kr. Währung reluiert und wurde hierfür als Ablösungskapital 1163 fl. 20 kr. Conv. Münze festgesetzt. Die übrigen Schuldigkeiten waren auf 111 fl. W. W. reluiert gewesen.

Außer diesen Abgaben an die Grundherrschaft waren natürlich auch noch staatliche Steuern (Ordinarium und Extraordinariurn) zu entrichten. So weist z.B. die Repartition über das Milltare Ordinarium und die Extra-Ausgaben im Jahre 1766 für das Dorf Gießhübel 542 fl. 28 kr. ,,in ordinario" ganzjährig, 18 fl. 51 kr. ,,auf die Extra-Außgaben", in Summe also 561 fl. 19 kr. aus, so daß monatlich 46 fl. 46 kr. zu zahlen waren. Diese verteilten sich in dem genannten Jahre auf 26 Gießhübler, u. zw.:

Lorentz Rosenkranz, Mathes Aygel, Mathes Aygel, Lor. Siegl, Georg Ploth, Augustin Ploth, Maria Höfferin, Andreas Aygel, Wenzl Heyska, Lorentz Neuwirth, Martin Neumann, Thomas Schmeiller, Mathes Plott, Johann Sayller, Johann Schmidt, Johann Grün, Paul Spatzal, Mathes Höffer, Andreas Ploth, Lorentz Siegl, Martin Paul,Johann Paul,Markus Ripper, Johann Ploth, Josef Kriegsmann,Lorentz Schwartzmüller

Als Inleute verzeichnet die gleichjährige Individual-Subrepartition den Schuster Mathes Aygel, den Schniied Jakob Latzek, den Fleischhacker Mathes Roaenkranz, ferner die Taglöhner Augustin Aygel, Augustin Grünn, Josef Müller, Paul Neuwürth, Georg Höffer, außerdem Maria Sieglin. Die Handwerker hatten zu den Steuern monatlich 3, die Taglöhner 2 Kreuzer abzuführen und außerdem für eine Kuh 2 Kreuzer, so sie aber ,,gald" war, nur 1 Kreuzer.

Im Jahre 1629 waren Grundbesitzer in Gießhübel: Andre Hoje, Jacob Eygell, Fatz, Wentz Fatz, Richter, Müller, Ballierer, Krimshendel, Gschepane, Rosenkrantz, Huckauff, Marcus Lang, Lauffer, Schimpko, Früauff, Brichte, Valten Heffer.

Im Jahre 1654:1. Martin Schaffer, 2. Jakob Aygl, 3. Martin Aygl 4. Martin Sygl, 5. Simon Polierer, 6. Thomas Lang, 7. Paul Höffer, 8. Mat. Bladt, 9. J. Miller, 10. Krystoff Kschirhakl, 11. Sim. Feylsch, 12. Lorenz ,13. Wenzl Robete, 14. Redlmacher, 15. Krystoff Neymann, 16. Kaschpar Rosenkranz, 17. Siebentanz:, 18. Millerowska, 19. Joh, Schuster, 20. J.Mylnarz 21. Georg Pierkumpl, 22. Jakob Klaser, 23. Georg Trochmacher,24. Lorenz Kampl, 25. Lorenz Khoch, 16. Joh. Czykler, 27. Jakob Heysl, 28. Cz.Michael.

Im Jahre 1675 wurden 10,11,12,13,14,17,19, 24, 25, 26, 27, 28 als wüst bezeichnet die Zahlen bedeuten nicht Hausnurnmern, sondern bloß die Reihenfolge . Auf 1 ist damals Philipp Schaffer, auf 2 Paul Aygl, auf 4 Georg Siegl auf 5 eine Witwe, auf 6 Mil. Lang, auf 8 Rziha Pladt, auf 15 Veit Strobl,auf 16 Georg Rosenkranz, auf 20 Johann Cziech, auf 21 Witwe Judith, auf 23 Georg Pek.

Die Besitzverhältnisse von 1780 sind vollständig vorhanden und wurden zusammen mit den Hausnamen von August Siegl, dem Verfasser des mustergültigen Gießhübler Gemeindegedenkbuches 1924 zusanmmengestellt worden. Der untertänige Grund belief sich auf 2296 M 6 3/4 mß. Im Jahre 1945 beträgt die Gemarkungsfläche 754 ha.

Deutsch-Gießhübel war eine selbständige Gemeinde und hatte 1939 zwölf deutsche und drei tschechische Gemeinderäte. Schule, Pfanre, Post und Gendarmerie waren im Ort, die Bahnstation in Fußdorf.

Die Pfarrkirche zum hl. Laurentius ist alt. Sie gehörte zum Dekanat Recitz (bei Seelau). Die Pfarre steuerte 1384 zur Romfahrt König Wenzl IV. 15 Groschen bei. In der Reformationszeit wurde sie evangelisch. Es ist nach 1528 geschehen, denn in diesem Jahr war der Pfarrer Merten zu ,,gyssibl", den der Abt von Seelau gern zum Pfarrer in Iglau eingesetzt gesehen hätte, damit er zu St. Jakob den evangelischen Gottesdienst (,,y Deüczmess vndt das Deüczsingen", die deutsche Messe und das Deutschsingen) abtue. Als evangelische Pfarrer sind bezeugt: 1606 Mathias Pettzl (gestorben 11. Feber 1606), 1606 Johannes Cardinal (gestorben 6. November 1606, nach halbjährigem Pfarrdienste an der Pest). 1607 Gregor Rudloff, bisher Kantor an der lateinschen Schule in Iglau, 1609 Matthias Mauerbach, 1614 (bis zum 9. Juni d. J.) Paul Schuberth Iglaviensis. Ihm folgte Augustin Pauspertl, auch ein Iglauer ,,des Hans Pauspertis in der Creutzergassen Sohn". Gießhübel blieb bis zum Jahre 1623 evangelisch.
Am 6. September 1623 wurden die protestantischen Prediger vom Iglauer Kaiserrichter abgeschafft. Der katholische Gottesdienst wurde nun 1623-1650 von der Iglauer Geistlichkeit besorgt, 1650-1739 von den Dominikanern aus Fußdorf. Da letztere aber die Seelsorge vernachlässigten, präsentierte die Stadt Iglau einen Weltpriester.

Die alten Schriften sind durch einen großen Brand im Jahre 1675 zugrunde gegangen. Das Gießhübler Taufbuch ist 1675, das Trauungsbuch 1678 und die Sterbematrik 1698 angelegt. Der jetzige Pfarrturm wurde 1709 erbaut.

Die Schule von Gießhübel ist alt. Da der Brand 1675 die Kirchenbücher vernichtete, ist als Lehrer erst Kaspar Schulklasse 32 /33Rosenkranz feststellbar. Er ist 1657 gestorben, sein Sohn Görg Rosenkranz hat das Amt übernommen. Dieser nennt sich bei der Anlage der Matriken ,,Schulmeister bei der christl.katholischen Kirchen bey St. Laurenzy". Das Schulgebäude von 1945 (Nr.9 ) wurde im Jahre 1876 erbaut. Vorher wurde im Hause Nr.6 unterrichtet. Iglauer Obrigkeitsakten berichten, daß bis 1788 die Schule aus einem einzigen Zimmer bestand, in dem ,,für den Lehrer eine mit Brettern verschlagene Abteilung" war. Im Juli des genannten Jahres wurde das ganze Zimmer für den Unterricht verwendet und die Bretterwand entfernt. Trotzdem genügte der Raum nicht, denn es waren 150 ,,schulfähige" Kinder. Im Jahre 1789 verlangte das Gubernium eine Wohnung für den Lehrer. Dieser wohnte in Neu-Rauneck, wo er eine Wirtschaft hatte. Er wollte nicht nach Gießhübei übersiedeln, weil er die Wirtschaft ,,samt seinem Weib nicht leer stehen lassen kann". Die Obrigkeit entwarf nun den Plan einer Lehrerwohnung, aus der zwischen Vorhaus und Stall befindlichen kleinen Kammer ein ,,Zimmerlein" zu machen und mit dem Stall, weil dieser hierdurch zu klein würde, um eine Klafter weiter hinauszurücken. So warern die Schulverhältnisse im 18. Jahrhundert!

Von den Ortsereignissen seien herausgehoben: Der Dreißigjährige Krieg hat, wie bereits die wirtschaftlichen Verhältnisse gezeigt haben, dem Dorfe Schaden gebracht. Wirtschaften verfielen, Häuser waren verlassen. Aus einer alten Rechnung ist zu ersehen, daß im Jahre 1630 der später durch die erfolgreiche Verteidigung Brünns berühmt gewordene De Souches, der damals Rittmeister war, mit einer ,,Compagni Reütter" zu Gießhübel ,,losiert gewest". Es hat ihm dort die Stadt Iglau auf Befehl des Kaiserrichters Zucker, drei Zitronen, zwei Seitl Branntwein und Wein ,,verehret".
Die Pest, die in den Jahren 1605 und 1606 in Iglau bei tausend Menschen dahin gerafft hatte, hat auch in Gießhübel ihre Opfer geheischt. Der Pfarrer Cardinal ist an ihr gestorben

.Aus dem Jahre 1613 ist eine Mordtat überliefert. ,,Den 4. Novembris hat ein Bauer von Gießhuebl Reichbawr genandt sein Weib erschlagen, hat sich auch zuvor mit einer Weberin so bei ihm in der Herberg geweeen in Ehbruch eingelassen. Die Ehbrecherin Martha von Medling ist auff ewig verurlaubet vnd der Mörder mit dem Schwert gerichtet worden".

Im Jahre 1675 gab es einen großen Brand, der einen großen Teil des Dorfes einäscherte, darunter Kirche, Schule, Pfarr - und Richterhaus.

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